Herr Küng, was passiert, wenn in der Schweiz der Strom knapp wird?
Dank der Speicherseen tritt in der Schweiz eine Strommangellage nicht vom einen auf den anderen Tag ein. Ist eine Mangellage absehbar, erhöht der Bundesrat auf Empfehlung des Delegierten für die wirtschaftliche Landesversorgung den Bereitschaftsgrad. Dafür liegt ein vierstufiger Plan aus vordefinierten Massnahmen bereit (siehe Grafik).
Für die Umsetzung dieser Massnahmen ist die OSTRAL verantwortlich. Wie ist sie organisiert?
Alle 600 Schweizer Netzbetreiber sind Teil der OSTRAL. Organisiert ist sie als Kommission des Verbands Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE). Das Kernteam besteht neben mir aus drei Kommissionsmitgliedern sowie dem Stabschef beim VSE. Darüber hinaus treffen sich weitere Vertreter von Schweizer Netzbetreibern in Arbeitsgruppen. Neben dieser klassischen Kommissionsarbeit führen wir Übungen für den Ernstfall durch, testen und verbessern die Prozesse, führen Schulungen durch usw.
Was haben Sie in diesen Übungen gelernt?
Zunächst haben wir uns gegenseitig besser kennengelernt. Dies mag banal klingen, doch bei einer Krise ist es am wichtigsten, dass sich die Beteiligten untereinander kennen und genau wissen, wer wofür verantwortlich ist. Darüber hinaus haben wir auch dank der Erfahrungen aus den Übungen unser Konzept optimiert.
Können Sie dafür ein Beispiel nennen?
Beispielsweise haben wir nach einer Umfrage unter Grosskunden aus Industrie und Gewerbe festgestellt, dass für sie härtere Kontingentierungen weniger grosse Einschränkung darstellen als Netzabschaltungen. Eine andere wichtige Erkenntnis: Werden Netzabschaltungen notwendig, ist es sinnvoll, die Abschaltstunden so zu planen, dass nach wie vor ein Zeitfenster besteht, in dem die ganze Schweiz mit Strom versorgt ist. Entsprechend haben wir unser Konzept verbessert.
Wo liegen für Sie persönlich die grössten Herausforderungen als OSTRAL-Leiter?
Einerseits wie bei jeder Milizorganisation in der Doppelbelastung mit meinem Hauptberuf. Eine andere Herausforderung liegt in der Unvorhersehbarkeit. Wir haben eine Reihe von Szenarien und Plänen – doch wenn tatsächlich eine Krise eintritt, werden wir sie so meistern müssen, wie sie kommt. Davor habe ich Respekt, bin jedoch auch zuversichtlich, denn wir sind gut vorbereitet. Und ich bin überzeugt, dass sich die Menschen und die Firmen in einer solchen Situation gegenseitig helfen.
Winterstromlücke? Lösungen wären da.
Mit der bisher nur zögerlich umgesetzten Energiewende steigt das Risiko einer Winterstromlücke. Eine drohende Unterversorgung liess sich im letzten Winter zwar abwenden – aber die Gefahr ist noch nicht gebannt. Lesen Sie jetzt mehr zum Thema Winterstromlücke
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