Conrad Ammann und Cedric Christmann stehen Schulter an Schulter

«Cédric Christmann ist der Richtige»

5 min
05.06.2023

Cédric Christmann ist seit dem 1. Mai 2023 neuer CEO von Primeo Energie. Er übernimmt die Stelle von Dr. Conrad Ammann, der das Unternehmen die vergangenen zehn Jahre geführt hatte. Im Interview sprechen beide über die vergangenen Jahre, über aktuelle Projekte und neue Aufgaben.

Das erwartet Sie in diesem Artikel

Grosse Fussstapfen…

Herr Ammann, fangen wir bei Ihnen an. Zehn Jahre haben Sie als CEO die Geschicke der EBM und dann von Primeo Energie bestimmt. Nun gehen Sie in den Ruhestand. Wie geht es Ihnen?

Conrad Ammann: Es geht mir gut. Der Abschied läuft sehr geordnet und gut geplant ab. Wir hatten viel Zeit, die Nachfolge zu regeln. Das ist nicht selbstverständlich. Mit Cédric Christmann haben wir einen überaus geeigneten Nachfolger aus dem eigenen Haus gefunden. Übrigens gehe ich nicht ganz in den Ruhestand. Denn ich bleibe weiterhin als Verwaltungsrat bei Alpiq und als Verwaltungsratspräsident bei aventron tätig.

Schauen wir einmal zurück auf Ihre Zeit als CEO. Was waren für Sie wichtige Wegmarken?

Ammann: Da gibt es einige. Wir hatten mehrere Phasen, in denen wir uns zunächst redimensioniert haben, etwa durch den Verkauf der Telekomsparte. So konnten wir uns finanziell konsolidieren und wachsen. Eine wichtige Wegmarke ist sicher der erfolgreiche Zukauf der AVAG in Olten. Dann die Konsolidierung von Alpiq. Auch den Namenswechsel von EBM zu Primeo Energie habe ich positiv in Erinnerung. Und natürlich das 125-Jahr-Jubiläum mit der Tour de Suisse in Aesch, dem ESAF in Pratteln, der Einweihung des Primeo Energie Kosmos – auch wenn 2022 mit der Energiekrise ein schwieriges Jahr war.

Wie würden Sie Primeo Energie in wenigen Worten beschreiben?

Ammann: Die Gestaltungsmöglichkeiten bei Primeo Energie sind sehr gross. Und wir werden als fair und verlässlich wahrgenommen. Ausserdem ist Primeo Energie unglaublich umsetzungsstark. Wir setzen uns Ziele und staunen dann manchmal selbst darüber, wie gut wir sie erreichen. Daran hat auch Cédric Christmann mit seinem Team einen grossen Anteil.

… und wer in sie treten wird

Stichwort Cédric Christmann: Warum ist er der richtige Nachfolger für Sie?

Ammann: Cédric Christmann ist jemand, der sehr viel gestaltet, der Primeo Energie vorwärtsgebracht hat, der sehr umsetzungsstark ist. Mit seiner langjährigen Erfahrung, erst als Finanzchef, dann als Geschäftsführer der Primeo Energie AG, ist Cédric für diese Aufgabe prädestiniert. Und er ist jemand, der fördert und fordert. Er setzt sich dafür ein, dass man die Ziele, die man sich steckt, auch erreicht. Was er von anderen erwartet, erwartet er auch von sich selbst und setzt es um. Seine Akzeptanz im Unternehmen ist riesig.

Conrad Ammann übergibt den Schlüssel zu Primeo Energie an Cedric Christmann

Schlüsselübergabe: Fortan lenkt Cédric Christmann die Geschicke von Primeo Energie. Foto: Robin Egli

Herr Christmann, kommen wir zu Ihnen. Wie geht es Ihnen angesichts Ihrer neuen Aufgabe als CEO von Primeo Energie?

Cédric Christmann: Ich habe grossen Respekt vor der Position, aber ich bin über die Jahre hinweg sehr gut vorbereitet worden. Bei der Entscheidung, ob ich den Posten annehme, war für mich neben der Frage, ob ich es kann und will, vor allem wichtig, was es für meine Familie bedeutet. Denn als CEO ist man viel unterwegs und weniger zu Hause. Ich habe das mit meiner Frau und den Kindern besprochen, und ohne ihr Mitwirken würde es nicht gehen. Zum Glück ist mein Sohn schon 22 und meine Tochter 18 Jahre alt.

Wie sind Sie zu Primeo Energie beziehungsweise zur EBM gekommen?

Christmann: Ich war davor in der Verfahrenstechnik für Feinchemie und Pharma tätig. 2004 sprach mich ein Headhunter an und fragte, ob ich die Stelle als Finanzchef, also als CFO (Chief Financial Officer), bei der damaligen EBM übernehmen wolle. Nach den Bewerbungsgesprächen wurde ich gewählt, am 1. April 2005 trat ich meine Stelle an – übrigens genau einen Tag nachdem meine Tochter geboren wurde. Bis 2016 war ich CFO. Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um Dr. Hans Büttiker und den Mitgliedern des Verwaltungsrats für das Vertrauen zu danken, das sie mir entgegengebracht haben. Das war eine spannende Zeit.

Ein Symbol der Kontinuität

Nun sind Sie CEO. Welche Baustellen möchten Sie als Erstes angehen, und was wird sich im Unternehmen ändern?

Christmann: Zunächst einmal: Wir haben keine Baustellen. Im Gegenteil. Conrad Ammann hinterlässt ein sehr gut geführtes Unternehmen, und wir müssen nicht unmittelbar etwas ändern. Es geht vielmehr darum, dass wir das, was wir angefangen haben, weiterentwickeln. Ich sehe mich als Symbol der Kontinuität.

Was sind das für Massnahmen, die Sie nun weiterentwickeln möchten?

Christmann: Es ist mir sehr wichtig, dass wir unsere Präsenz bei den Kundinnen, Kunden und Genossenschaftern weiter ausbauen. Strom ist die Energie des 21. Jahrhunderts. Unser Geschäft ist ein Zukunftsgeschäft. Nun ist es wichtig, die Kundinnen und Kunden zu begleiten. Das heisst zum Beispiel, dass wir zusammen mit Gemeinden Energieplanungen erstellen und schauen, wie sie energieeffizienter werden können. In Münchenstein setzen wir das bereits erfolgreich um.

Cedric Christmann, CEO von Primeo Energie

Cédric Christmann hat das Amt als CEO von Primeo Energie am 1. Mai 2023 angetreten.

Aktuell belasten die hohen Strompreise die Kundschaft. Werden die Strompreise wieder sinken?

Christmann: Ich denke in der Grundversorgung werden sich die Preise in den kommenden Jahren auf einem Niveau zwischen 15 und 20 Rappen pro Kilowattstunde einpendeln. Es wäre aber falsch, der Kundschaft nun das Signal zu geben, dass sie noch weiter sinken. Die Kundinnen und Kunden werden spüren, dass die Marktpreise höher sind als zuvor. Wir tun unser Bestes, um exzessive Schwingungen zu vermeiden.

Pläne für Strom, Mobilität und Wärme

Ein wichtiges Thema für die Energiebranche ist der Klimaschutz. Was möchten Sie als CEO hier unternehmen?

Christmann: Bis 2035 wollen wir CO2-frei sein. Das hat Konsequenzen. Zum Beispiel darauf, wie wir Strom einkaufen. Denn auch dieser Strom muss CO2-frei sein. In Frankreich ist das weniger ein Problem, da dort 80 Prozent des Strommix aus der Kernkraft kommen und somit CO2-frei sind. In anderen Ländern wie Deutschland ist es schwieriger. Die grosse Frage ist im Moment, wie es mit der Gaskraft weitergeht. In der Taxonomie in Europa gilt Gas noch bis 2044 als grün. Aber das kann sich ändern. 

Welche Akzente möchten Sie als CEO in der E-Mobilität setzen?

Christmann: Wir wollen zum Beispiel unsere Investitionen in den Ladenetzbetreiber MOVE noch einmal erhöhen und die Dienstleistungen von MOVE ausbauen, etwa im Bereich von Privatparkplätzen. Auch auf europäischer Ebene möchten wir Partnerschaften eingehen. Im Bereich Sharing arbeiten wir mit Mobility zusammen. In verschiedenen Quartieren, in denen wir einen Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (ZEV) betreiben, bieten wir Carsharing an. Zusätzlich sind wir dabei, den Velo-Verleihdienst Pick-e-Bike auszubauen und einen Service für Unternehmen anzubieten. Ausserdem könnte Pick-e-Bike in den kommenden Jahren auch in Saint-Louis im Elsass angeboten werden.

Was möchten Sie im Wärmebereich umsetzen?

Christmann: Das wichtigste Thema ist hier die Dekarbonisierung. Diese treiben wir an vielen Orten voran. Ein Beispiel ist der neue Wärmeverbund Birsstadt, für den wir Altholz sowie die Abwärme des Innovationscampus uptownBasel in Arlesheim nutzen. In Allschwil versorgen wir das Baselink-Areal mit Erdwärme und -kälte. Auch in Bottmingen, Binningen, Aesch, Therwil, Saint-Louis, Mulhouse, Strasbourg und an vielen weiteren Orten in der Schweiz und in Frankreich sind wir dabei, die Wärmeversorgung zu dekarbonisieren.

Zuletzt spielen auch die Themen Fachkräftemangel und Nachwuchs eine Rolle. Was haben Sie hier vor?

Christmann: Das ist ein guter Punkt. Die Diskussion um den Fachkräftemangel wird sich noch zuspitzen, wenn wir nichts unternehmen. Die Nachwuchsförderung ist deshalb einer der Gründe, warum wir den Primeo Energie Kosmos gebaut haben. Er soll helfen, das Thema Energie für junge Menschen attraktiver zu machen. Natürlich müssen wir als Arbeitgeber noch moderner werden. Wir müssen dezentral arbeiten, wir brauchen flexible Arbeitszeitmodelle und Angebote, um Familie und Beruf besser zu vereinbaren. Ausserdem muss der Frauenanteil steigen, gerade in den Chefetagen. Hier hat sich in den vergangenen Jahren schon viel getan. Jetzt geht es darum, das fortzusetzen.

Solarkraft und Abwasser

Wie haben Sie Conrad Ammann als CEO erlebt?

Christmann: Conrad ist ein sehr reflektierter Mensch, der über jeden Schritt, den er macht, sehr gründlich nachdenkt. Das hat mich stark geprägt, gerade in der Vorbereitung auf diese Aufgabe. Conrad hat sehr viel Ruhe in das Unternehmen, aber auch in das Verhältnis mit Stakeholdern, mit den Gemeinden, den Genossenschaftern gebracht. Das tut gut, und ich denke, das hohe Ansehen, das Primeo Energie geniesst, ist Conrad Ammann zu verdanken.

Conrad Ammann, ehemaliger CEO von Primeo Energie

Er ist zwar nicht mehr CEO, doch Conrad Ammann bleibt der Energiebranche treu.

Zum Abschluss noch ein paar kurze Fragen an Sie beide. Was ist Ihre Lieblingsenergieform?

Ammann: Die Wasserkraft. Ich mag Grosstechnologie, damit bin ich aufgewachsen, und Grosswasserkraft finde ich extrem spannend. In den Bergen bin ich sowieso gern, und zusammen mit Technik gefällt mir das sehr gut.

Christmann: Mich hat vor allem die Entwicklung der Solarkraft in letzter Zeit sehr fasziniert. Der Fortschritt und die Akzeptanz sind überall. Es ist sehr einfach, Solarflächen zu bauen. Bei Wind ist das viel schwieriger.

Was ist für Sie am Energiesektor so spannend?

Christmann: Ich habe immer versucht, eine Arbeit mit Sinn zu finden. Und wer kann ohne Energie leben? Energie hat mit Entwicklung zu tun, mit Wohlstand. Energie hat mit dem Primärbedarf der Menschen zu tun, mit Wärme und Licht. Sich damit auseinandersetzen zu dürfen, das gestalten zu können, ist toll. Wenn ich nochmals jung wäre, würde ich wieder in diesen Bereich gehen. 

Ammann: Die Vielfalt macht es aus. Mit Mitarbeitenden zu tun haben, mit Baustellen, mit Technik. Die ganze Energiewirtschaft ist unglaublich spannend. Sie hat in den vergangenen zehn Jahren grosse Veränderungen durchlaufen. Auch das regulatorische, das politische Umfeld interessiert mich.

Was machen Sie in Ihrer Freizeit?
Ammann: Ich bin begeisterter Segler und werde nun etwas mehr Zeit für mein Hobby haben. Ich bin vor allem auf dem Mittelmeer unterwegs. Besonders vor Griechenland. Die Inseln, die Kultur, das Essen, das alles gefällt mir sehr gut.

Christmann: Ich engagiere mich in der Unterstützung von Entwicklungs- und Schwellenländern. Momentan finanziere und baue ich mit meinem Unternehmen ASE Infra Toiletten und kleine Abwasseranlagen in Indien. Das ist viel Arbeit, auch am Wochenende und abends, aber es lohnt sich.

Cédric Christmann im persönlichen Gespräch.

Autor: Viktor Sammain

Foto: Natalie Russer

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